Quälifying Version 2006: Ein nicht völlig ernst gemeinter Ausblick (23.1.2006)
Der Abschied vom zweigeteilten Quälifying dürfte den meisten Zuschauern leicht fallen. Ob das neue Reglement aber viele Fans finden wird, darf getrost bezweifelt werden. Zwar war meine Meinung bislang ein eindeutiges "Schlimmer geht's nimmer", beim Durchlesen der neuen Regeln muss ich dies aber vielleicht doch noch revidieren.
Es gab einmal, vor langer Zeit, ein einfaches, einstündiges Quälifying, in dem sich jeder Fahrer eine maximale Anzahl von schnellen Runden nach Gutdünken einteilen konnte. Daraus resultierte dann zwar meist eine erste Viertelstunde in der mehr oder weniger gar nichts geschah - ausser dass Minardi seine Sponsoren-Logos ohne Konkurrenz vor den Augen der Kameras chauffieren konnte - aber der Rest war dafür umso kurzweiliger. Für die etwas Älteren (oder Geschichtsinteressierten) unter uns gibt es vielleicht auch noch die eine oder andere Erinnerung an Zeiten, wo im Quälifying noch spezielle Motoren eingesetzt wurden. Und vor gaaaanz langer Zeit, bevor die Erde abkühlte, gab es sogar einen WM-Punkt für den Trainingsschnellsten. In jedem Fall wurde gefahren was die Strecke hergab und am Ende stand der Schnellste auf der Pole-Position, meistens jedenfalls.
Anno 2006 haben nun endgültig die Bürokraten übernommen und die Kontrolle des Quälifying wird ohne Computer kaum noch möglich sein. Schauen wir mal ... es gibt wieder eine Session, die eine Stunden dauert. Okay soweit. In den ersten 15 Minuten muss nun jeder Fahrer zumindest eine Runde abliefern, denn für die langsamsten fünf ist dann schon Feierabend. Dito für die nächsten 15 Minuten - mindestens eine Runde pro Fahrer, danach dürfen die langsamsten fünf auch nicht mehr mitspielen. Jetzt wird es interessant: die nächsten zehn Minuten sind nämlich völlig egal. Aber in den letzten 20 geht es rund, jetzt kommt plötzlich die Spritmenge ins Spiel. Während man in den ersten beiden Abschnitten so viel oder wenig Tiger in den Tank packen kann wie man möchte, müssen die letzten 20 Minuten mit der Raubkatzenmenge gestartet werden, die man auch zum Rennbeginn an Bord haben möchte.
Soweit noch dabei? Gut, dann kommen wir zu den Feinheiten. Während die letzten Zehn, die in der ersten halben Stunden ausgeschiedenen, nun zum Rennbeginn tanken können was sie möchten, können die verbliebenen Fahrer ihre Rennstrategen beschäftigen. Verbrauchtes Benzin darf nämlich nach einer Verbrauchsziffer nachgetankt werden. Auf die Pole-Zeit wird ein bestimmter Faktor aufgeschlagen, der bestimmt was als "schnelle Runde" zu werten ist. Für jede Runde, die die verbliebenen Fahrer schneller als diese Grenzzeit fahren, dürfen sie dann eine bestimmte Menge Sprit nachtanken. Mehr Runden fahren, dabei das Auto um etwas Sprit erleichtern, eine gute Zeit abliefern und dann wieder nachtanken dürfen? Oder weniger Runden fahren, weniger nachtanken und dafür den Motor schonen (der ja nicht mehr kaputt gehen darf)? Oder vielleicht doch lieber in den ersten Abschnitten ausscheiden und dann mit vollgestopftem Tank das Feld von hinten aufrollen?
Irgendwie war das früher alles erfrischend unkompliziert und zugeschaut haben doch alle. Aber vielleicht sehe ich das auch viel zu negativ, ein praktisches Beispiel hatten wir ja noch nicht. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass die FIA-Bürokraten notfalls noch ein paar Briketts nachlegen können - wir wollen die Sache ja nicht zu simpel machen. Hier sind, exklusiv bei F1pool.de, einige Vorschläge die aus den geheimen FIA-Kontingenzplänen nach draussen gedrungen sind, bislang aber noch nicht implementiert wurden:
Nach dem Quälifying wird das Reifenprofil nachgemessen und der durchschnittliche Profilverbrauchsindex über alle Teilnehmer pro gefahrener schneller Runde errechnet. Aus der Abweichung des einzelnen Wagens gegen diesen Index wird dann ein Korrekturfaktor für die Rundenzeit abgeleitet.
Um auch Sponsoren-schwachen Teams eine bessere Chance einzuräumen, wird Teams mit weniger Werbeeinnahmen und entsprechend weniger Entwicklungsbudget zum Ausgleich ein Zeitvorteil eingeräumt. Die momentane Vorabplanung sieht einen Quotienten von 0,014 Sekunden/Millionen Dollar Werbeeinnahmen vor.
Mit Hinblick auf den "grünen" Charakter der neuen Formel 1 wird die 2006 eingeführte Zeit-Elimination nach den ersten beiden Viertelstunden durch eine Verbrauchs-Elimination ersetzt. Nach den ersten und zweiten 15 Minuten werden jeweils die fünf Fahrer mit dem höchsten Benzinverbrauch aus dem Quälifying genommen. Die verbliebenen Teilnehmer dürfen in den letzten 20 Minuten ohne Rücksicht auf den Verbrauch die Startreihenfolge ermitteln, die in dieser Zeit verbrauchte Spritmenge wird aber vom maximalen Tankvolumen der Wagen abgezogen.
Zur Erhöhung des Publikumsinteresses wird die Öffentlichkeit in das Quälifying einbezogen: Während der Session können Zuschauer an der Strecke und am Fernsehschirm eine oder auch mehrere SMS mit dem Namen eines Teams abschicken (€ 3,99/SMS). Da hier die ungleich verteilten Fanmassen berücksichtigt werden müssen, soll die SMS aber das Team nennen gegen das man stimmen möchte. Die eingehenden SMS werden von einem zentralen, notariell überwachten Server der FIA summiert und die errechneten Werte per Telemetriekanal in die FIA-genormte Black Box der einzelnen Wagen eingespeist. Höhere SMS-Wertungen werden dort in eine verringerte Höchstdrehzahl umgesetzt.
Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren die mangelnde Attraktivität der Formel 1 beklagt. Um diesem Vorwurf zu begegnen, wird die Eleganz des Fahrstils künftig in die Wertung einbezogen. Jedes Team stellt einen Punkterichter, der für jeden Fahrer Punkte von 1 bis 10 vergeben kann. Nach Abzug der jeweils höchsten und niedrigsten Wertung wird die Schnittnote errechnet und in Zehntelsekunden von der tatsächlich gefahrenen Zeit abgezogen. Dem Vernehmen nach sollen Juan-Pablo Montoya und Takuma Sato vehement gegen die Einführung dieser Regel protestieren.
Ähnlich der Stilnote und mit gleichem Berechnungsverfahren, gewertet wird hier aber in einer separaten, einstündigen Session die Attraktivität der Fahrer selbst. Zur Zeit denkt die FIA an Auftritte im Smoking und in Badehose sowie einen kurzen Talentwettberb (bei dem Autofahren aber ausgenommen bleibt). Während Montoya von dieser Idee recht angetan ist, wird sie aus dem Lager der Schumacher-Brüder bislang abgelehnt. Lediglich Cora Schumacher denkt laut über den Umstieg von der Mini-Challenge zur Formel 1 nach und Eddie Irvine erwägt ein Comeback, entweder bei Penthouse-Cosworth oder bei der Pfizer-gesponserten Scuderia Viagra Azurro.