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V10 - Motorengeschichte der Formel 1 (6.3.2001)

Jeder der diesjährigen Wagen wird von einem V10-Motor im Heck angetrieben. Das war nicht immer so. Seit Beginn der FIA Formel 1 Weltmeisterschaft im Jahre 1950 haben Motorenkonstrukteure versucht soviel Kraft wie möglich bei sowenig Treibstoffverbrauch wie möglich aus dem kleinst- und leichtestmöglichen Triebwerk zu bekommen. Über die Jahre wurden dabei alle möglichen Bauformen benutzt, vom 4-Zylinder Boxer zu Reihen-8-Zylindern, V12 und sogar H16 Motoren.

Heutzutage sind Motorenbauer davon überzeugt dass, unter den momentanen technischen Vorschriften, der V10 den besten Kompromiss zwischen Stärke, Verbrauch und Baugrösse darstellt. V-Motoren haben zwei Zylinderreihen die eine gemeinsame, untenliegende Kurbelwelle antreiben. Sie zeichnen sich durch gute Steifigkeit aus, was wichtig ist da der Motor zugleich Lastträger für die angeflanschte Getriebebox und Hinterradaufhängung ist. Boxer- oder Reihenmotoren haben weniger mechanische Steifigkeit, was den gesamten Aufbau des Wagens komplizieren würde. Zudem bieten V-Motoren viele Möglichkeiten für kompakte Bauweisen; die Benzineinspritzung findet zwischen den Zylinderreihen Platz, während die Auspuffanlage aussen unter den Reihen gespeist werden kann.

Folgte man der Maxime, nach der mehr Zylinder mehr Kraft geben, würde man denken dass ein V12 überlegen wäre. V12 Motoren verbrauchen aber mehr Treibstoff, benötigen grössere Auspuffanlagen und mehr Kühlung. Zudem sind sie länger, was den Designern die optimale Gewichtsverteilung im Wagen erschwert.

PS sind also nicht alles, wie Michael Schumacher 1994 demonstrierte, als er mit dem Ford V8 seines Benetton den Weltmeisterschaftstitel gegen die V10 und V12 der Konkurrenz errang. Um zu verstehen wie die Motorenbauer beim V10 landeten, muss man in der Geschichte zurück blicken. Im Jahre 1950 war Alfa Romeo führend, mit Wagen deren turbogeladene 1500 ccm 8-Zylinder vor dem Fahrer unter einer massiven Motorhaube arbeiteten. Die Teams, die ohne Turbolader fuhren, dürften bis zu 4500 ccm grosse Motoren bauen und Ferrari begann schon damals den Trend wann immer es die Vorschriften erlaubten, 12-Zylinder-Motoren zu benutzen.

Die erste Regeländerung kam bereits in der dritten Saison, 1952, als aus Kostengründen die WM mit Formel-2-Spezifikationen gefahren wurde - 2000 ccm Saug- oder 500 ccm Turbo-Motoren. Auf einen Schlag wurde damit jeder Motor über 6 Zylindern eliminiert. Bereits 1954 jedoch wurde der Hubraum schon wieder auf 2500 ccm bzw. 750 ccm erhöht und Lancia führte die V8-Konfiguration ein, die bis in die 70er aktuell blieb.

Bei der WM 1961 wurde die Turboladung verboten und der Hubraum auf 1500 ccm restriktiert; ein Schlag gegen Ferrari, denn die Englischen Teams hatten Heckmotor-Wagen eingeführt und einen passenden V6-Motor fertig. Dennoch stieg die Leistung stetig und Coventry Climax baute, ebenso wie andere, bald kompakte V8 Motoren. Alles änderte sich 1966 als die Motorgrösse auf 3000 ccm verdoppelt wurde. Der zunächst führende Repco V8 wurde bald von Fords DFV V8 abgelöst, der bis in die 80er Jahre in der Formel 1 blieb. BRM hingegen flanschte zwei seiner Motoren in H-Form zusammen und kreierte damit den H-16 Motor, der allerdings selten lief. Die Anzahl der Zylinder wurde 1972 auf 12 begrenzt, ein überflüssiger Entschluss, denn nach BRM's Misserfolg hatte niemand an mehr Zylindern Interesse.

Der nächste grosse Wurf kam aus Frankreich; 1977 führte Renault den turbogeladenen V6 mit einem Hubraum von nur 1500 ccm ein. Die gewaltigen PS-Zahlen die diese Turbomotoren produzierten überzeugten bald die anderen Teams in den frühen 80ern nachzuziehen. BMW führte damals mit 4-Zylinder-Motoren, während fast alle anderen Renaults V6 Beispiel folgten. Damals wurde zunehmend die elektronische Motorsteuerung wichtig, um die Triebwerke zu vollem Leistung zu bringen. 1200 PS in Qualiyfing-Abstimmung waren nicht selten, mehr als doppelt so viel wie die 500 PS des guten alten Ford DFV.

Nach 21 Jahren wurde 1987 der maximal zulässige Hubraum erstmals vergrössert, auf 3500 ccm, um die Saugmotoren den Turbos nahezubringen. 1989 wurden Turbomotoren schliesslich verboten. Zu dieser Zeit führte Renault den V10 ein, während Ferrari zum V12 zurück ging, gefolgt von Honda. Im Jahre 1995 wurde der Hubraum schliesslich wieder auf 3000 ccm reduziert und die Anzahl der Zylinder auf 10 begrenzt, was aber nur Ferrari und Lamborghini traf - alle anderen Teams hatten bereits zuvor V10 Motoren eingeführt.

Wie sieht die Zukunft aus ? Nach dem tödlichen Unfall in Australien werden - im Namen der Sicherheit - die Rufe nach kleineren Motoren wieder lauter. Niemand weiss wie in den kommenden Jahren die Regeln geändert werden, aber es sieht so aus als würde uns der V10 noch für einige Zeit erhalten bleiben.

GZ


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